Three Scotsmen & One Wedding

(Clan MacDougal 2)


»Wie niedlich kann man bitte sein?« Ma tritt zu uns heran und rückt Edens Fliege zurecht. Er schaut freudestrahlend zu ihr auf, mit seinem pausbäckigen Gesicht und seinen mandelförmigen Augen. Er ist jetzt vier und versteht immer mehr von seiner Umwelt.

»Nicht wahr?« Stolz grinse ich auf ihn hinab. »Ich konnte diesem kleinen Festtagsanzug mit der Fliege nicht widerstehen.«

»Er ist wirklich so entzückend. Komm her, mein kleiner Schatz.« Ma nimmt ihn auf den Arm und drückt ihm dicke Küsse auf die Wange. Ich halte derweil Ausschau nach Pa und entdecke ihn schwatzend bei Onkel Ivar.

Der zweite Grund, warum ich diese Hochzeitseinladung angenommen habe, ist der, dass ich sowieso mal wieder nach Schottland wollte. Ich hatte Sehnsucht. Seit Edens Geburt war ich nicht mehr hier, obwohl ich meine Familie seither ganz besonders vermisse. Ihre Liebe, ihre Unterstützung. In den Staaten bin ich allein. Deshalb trage ich mich mit dem Gedanken, dauerhaft zurückzukehren. Aber erst einmal will ich sehen, ob ich mich hier wirklich noch wohlfühlen kann.

»Pa-Pa!«, ruft Eden und fängt an, zu strampeln und sich zu winden. Er will wieder zu mir. Er mag seine Nana, aber er kennt sie erst seit drei Tagen, denn so lange sind wir jetzt hier. Sein restliches Leben hat sich bisher um mich gedreht. Und meins um seins. Ich nehme ihn wieder entgegen und er beruhigt sich sofort.

»Übrigens«, Ma räuspert sich leise, »Keaton ist auch hier.«

Ich spüre, wie mir die Farbe aus dem Gesicht weicht und ärgere mich direkt darüber. »Aha«, mache ich, als würde mich das nicht interessieren.

»Da drüben«, beharrt sie und scheint meine innere Not nicht zu bemerken. »Willst du ihm nicht mal Hallo sagen?«

»Ich ...« Ich will gerade lieber flüchten, als nach zwölf Jahren meinen Ex wiederzusehen. »Aye, warum nicht.«

Himmel, es sind zwölf Jahre! Kein Grund, albern zu sein. Wir sind andere Menschen als damals, haben weitergelebt. Trotzdem ist es komisch, den Mann wiederzusehen, den ich bei unserem letzten Treffen noch geliebt habe.

Zögerlich bewege ich mich mit Eden an der Hand in seine Richtung. Er hat sich äußerlich wirklich kaum verändert, wirkt allenfalls etwas reifer. Aber das hübsche Lächeln, die sportliche Figur und das volle, rotbraune Haar hat er noch immer. Er unterhält sich gerade mit einer Frau, die neben ihm an einer der langen Festtafeln sitzt. Gestikuliert mit seinen Händen. Gott, was ich seine Hände geliebt habe, sie waren wirklich schön, langfingrig und maskulin.

Soll ich wirklich aktiv zu ihm hingehen und ihn begrüßen? Vielleicht wäre es klüger, einfach abzuwarten, ob wir im Laufe der Feier mal zufällig aufeinandertreffen. Es ist wirklich viel los und –

Er hat mich entdeckt.

»Spencer? Spencer MacDougal, kann das sein?«

Ich setze ein verkrampftes Lächeln auf und klammere mich an Eden fest, der leider gerade meinen Trost-Teddy spielen muss. »Aye ... da bin ich.«

»Wow, das ist ja ewig her!« Er steht auf und kommt mir entgegen. Jetzt gibt es kein Entkommen mehr. »Mensch, wie schön, dich mal wieder zu sehen!«

»W-wirklich?« Spencer! »Äh, ich meine ... ebenso!«

Aber mal im Ernst, findet er das wirklich schön? Wir sind damals schließlich mit gebrochenen Herzen auseinandergegangen. Andererseits: zwölf Jahre ...

»Lebst du immer noch in den USA?«, will er wissen. Wie so ziemlich alle anderen Männer hier trägt auch er einen Kilt. Der stand ihm schon immer gut, er hat die perfekten Beine dafür. Ich habe meine Stelzen lieber in Hosen gepackt und steche damit unangenehm als der Ami auf dieser Feier heraus.

»Aye, da lebe ich noch. Ich denke allerdings darüber nach, wieder nach Schottland zu ziehen. Da ist aber noch nichts spruchreif.«

»Leute mit Kindern bekommen oft Heimweh, wenn sie in der Fremde wohnen, habe ich gehört.« Er lächelt auf Eden hinab, der ihn neugierig mustert. »Das ist dein Sohn, nehme ich an? Ich hatte mal gehört, dass du Vater geworden bist.«

»Das stimmt«, bestätige ich. »Das ist Eden. Er ist vier Jahre alt.«

»Er ist wirklich niedlich.«

»Hallo!« Ein weiterer, mir unbekannter Mann tritt zu uns heran. Groß, kräftig, Vollbart, Typ Holzfäller, aber ein unglaublich warmes Lächeln, das ihn sofort sympathisch wirken lässt.

»Oh, Dirk!« Keaton packt ihn beim Ärmel und zieht ihn noch einen Schritt nach vorn. »Das ist meine erste, große Liebe. Spencer MacDougal.«

Seine erste, große Liebe? Das sagt er jetzt einfach so? Ich glaube, er hat unsere damalige Trennung gründlicher verarbeitet als ich. Steht jetzt über den Dingen, während ich ihm kaum in die Augen schauen kann, als wäre alles erst gestern gewesen.

»Schön, dich endlich mal kennenzulernen, Spencer.« Dirk reicht mir die Hand und ich ergreife sie mit einiger Verwirrung. Was heißt hier endlich mal? Wer ist er und warum will er mich kennenlernen? »Ich bin Dirk. Keatons Ehemann.«

 

»Du – du bist verheiratet, Keaton?«, stammle ich. »Das wusste ich gar nicht ...«  

 

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